Kürzlich drückte mir ein Profi-Fotograf leihweise eine Fujifilm X-Pro1 in die Hand: „Probier die mal.“ Nach der üblichen Testlektüre und einigen Probeaufnahmen war klar, dass es der Knipser hier mit einem Apparat zu tun bekommt, der mit dem, was man unter digitaler Fotografie versteht, nicht allzu viel zu tun hat. Mein geschätzter Kollege verwendet ausschließlich Festbrennweiten mit manuellem Fokus. Über einen entsprechenden Adapter lassen sich zudem Fremdobjektive verwenden, was insbesondere bei alten M42-Linsen Sinn und Spaß macht.
Um es vorweg zu nehmen, die Bildqualität ist, wie von den einschlägigen Journalen bejubelt, nicht zu toppen und strahlt ihren ganz eigenen Charme aus. Das Rauschverhalten im High-ISO-Bereich ist vorbildlich. Mittels kamerainternem Fotofilm-Plugin lassen sich obendrein die Charakeristika diverser archaischer Emulsionen nachempfinden, was den Bildern eine weitere besondere Note verleiht.
Zum Einsatz kamen bei mir ein 50mm/1,8 Zeiss Pancolar und das 135er/2,8er Tele, dass in der DDR zur gehobenen Standard-Ausrüstung des ambitionierten Lichtbildners gehörte. Die besondere Ausstrahlung der Fotos ist nicht zuletzt auf die alten Gläser zurückzuführen. Das Pancolar, adaptiert an eine EOS 60d, brachte nämlich ganz ähnliche Ergebnisse und entzauberte die Fuji ein wenig.
Die X-Pro1 ist vor allem eines, verdammt langsam. Abgesehen von den manuellen Objektiven soll laut Testbericht der Autofokus bei entsprechenden Linsen sehr träge sein. Überdies ist der Body übersät mit allerlei Knöpfen und Rädchen, die man aus Versehen immer dann berührt oder bewegt, wenn man sie nicht braucht. So gibt es ein Rädchen für die Helligkeitskorrektur an einer Stelle, die eigentlich dem Mittelgelenk des auslösenden Zeigefingers vorbehalten sein sollte. Am Platz des Haltedaumens befindet sich die Q-Taste, die einen ruckzuck unfreiwillig ins Menü führt. Der Wechsel zwischen dem Sucher und dem Bildschirm wird erst nach einigem Probieren klar und der elektronische Sucher kommt ohne Dioptrinkorrektur aus, für Brillenträger ein Ärgernis, die auf eine anschraubbare Korrekturlinse angewiesen sind oder eben mit Brille knipsen müssen.
Die Ergebnisse entschädigen freilich für soviel Unbill. Die X-Pro1 verknüpft das beste aus zwei Welten. Wer gewohnt ist, wie bei einer „analogen“ Kamera mit den Belichtungsparametern umzugehen, wird kaum Probleme haben. Die digitale Bildqualität kann in der Tat mit der Vollformatklasse mithalten. Die Dynamikverläufe und die Farbwiedergabe sind sehr besonders und machen die Fotos zu charakterstarken Abbildern der geknipsten Motive. Allein das Handling ist selbst für einen passionierten Filmknipser unterirdisch.
Bei der Erarbeitung des Beitrages stellte sich heraus, dass die mit der Fuji aufgenommenen Fotos erst in das große PNG-Format umgewandelt werden müssen, um sie mit dem Gallery-Plugin verwalten zu können. JPGs werden nicht erkannt. Ein weiterer Minuspunkt!